Mouhamed ist nicht der einzige Mensch, der von den Dortmunder Cops getötet wurde. Am 19. Oktober 2022, nur wenige Wochen nach dem Mord an Mouhamed, hat die Polizei in Dorstfeld einen obdachlosen Menschen getötet. Er befand sich in einer psychischen Ausnahmesituation. Die Cops töteten ihn mit einem Taser. Er wurde nur 44 Jahre alt, wir kennen bis heute nicht seinen Namen.
Dieses Jahr wurde am 3. April wieder ein obdachloser Mensch von der Polizei getötet. Er hieß Andrzey und befand sich in einer psychischen Ausnahmesituation. Er wurde von den Polizist*innen an der Reinoldikirche umstellt und erschossen, obwohl es möglich gewesen wäre, ihn ohne Gefahr zu überwältigen.
Drei Fälle von tödlicher Polizeigewalt in unserer Stadt in den letzten zweieinhalb Jahren und in allen drei Fällen keine Konsequenzen für die Täter*innen und kein Hinterfragen der Strukturen, die immer wieder dazu führen. Alle drei Menschen, die von den Dortmunder Cops getötet wurden, waren mehrfach marginalisiert. Alle drei befanden sich in psychischen Ausnahmesituationen. Mouhamed war ein schwarzer junger Geflüchteter. Die beiden anderen waren obdachlos.
Und dasselbe trifft auf die meisten der vielen, vielen Opfer von Polizeigewalt zu: Die meisten waren mehrfach marginalisiert, waren von Rassismus betroffen, waren von Armut oder Obdachlosigkeit betroffen, waren von psychischen Erkrankungen betroffen. Das ist ein Skandal, der über ein einzelnes Gerichtsurteil hinausgeht. Um es mit den Worten von Vanessa Thompson auszudrücken: The System is rotten to the core!
Aber Gewalt gegen marginalisierte Menschen, auch Polizeigewalt, beginnt lange davor, die tödlichen Vorfälle sind nur die Spitze des Eisbergs. Bei obdachlosen Menschen beginnt es mit der täglichen Schikane, wenn Menschen von Polizei oder Ordnungsamt von Schlafplätzen vertrieben werden, wie es in Dortmund in der Innenstadt und am Hauptbahnhof täglich passiert. Es beginnt damit, dass Menschen in den Knast müssen, weil sie sich keine Fahrkarte für den Bus leisten können.
Und es beginnt noch früher, nämlich bei gesellschaftlicher Ausgrenzung, Stigmatisierung, Entmenschlichung. In Dortmund können wir genau diese Entmenschlichung von armen, obdachlosen und auch von drogengebrauchenden Menschen im Diskurs in der Lokalpolitik und in der Lokalpresse beobachten. Und wir beobachten als direkte Konsequenz einen Anstieg der Gewalt gegen obdachlose Menschen.
Lasst uns weiterhin zusammenstehen gegen diesen gesellschaftlichen Hass auf marginalisierte Menschen, gegen diese institutionalisierte Gewalt. Lasst uns weiterhin die Zustände benennen und skandalisieren. Lasst uns auch in unserem Alltag dagegen zusammenstehen, indem wir Empathie zeigen für obdachlose Menschen, indem wir nicht einfach vorbeigehen, wenn wir diskriminierende Polizeikontrollen beobachten. Lasst uns eine starke Gegenöffentlichkeit sein, die es nicht hinnimmt, dass Menschen in dieser Gesellschaft und von diesem System unterschiedlich behandelt werden. Lasst uns weiterhin Gerechtigkeit fordern!
Gerechtigkeit für Mouhamed Lamine Dramé!
Gerechtigkeit für Andrzey!
Gerechtigkeit für alle Opfer von Polizeigewalt!
No justice, no peace!